Chaos-Training

Ich wäre gerne die perfekte Hunde-Trainerin.... Bin ich aber nicht.....

Also trainiere ich meine Hunde so, wie es sich für mich gut anfühlt.

Nicht perfekt, eben eher etwas chaotisch.....

Aber: Es funktioniert. Bei uns. Wir haben Spaß und fühlen uns wohl.

Unser System ist maßgeschneidert für uns, es passt nicht unbedingt für ein anderes Team.

Warum ich dann hier trotzdem darüber schreibe? Zum einen, weil es mir hilft, meine Gedanken in Worte zu fassen und zum anderen, weil ich damit vielleicht andere motivieren kann, ebenfalls "Mut zum eigenen System" zu entwickeln.

 

Hier mal ein paar wichtige Aspekte meines "Chaos-Trainings", sicher nicht vollständig....

  • "Chaos" ist nichts stillstehendes! Alles ist in Bewegung. So ist es auch mit unseren Trainingsmethoden: Sie ändern sich, werden ergänzt, anderes fällt weg. Das liegt daran, dass meine Hunde und ich lebendig sind, dass wir uns weiterentwickeln und (hoffentlich zum Positiven) verändern.
  • Immer positiv, liebevoll, geduldig und mit Spaß trainieren! Aber ich bin eher ungeduldig, impulsiv, gerne mal gereizt oder gar jähzornig..... Was dann????? Erstmal Training abbrechen! Oder (wenn ich es vorher merke, dass ich nicht gut drauf bin) garnicht erst anfangen! Und dann die Situation analysieren: Was hat mich jetzt so auf die Palme gebracht? Was kann ich besser machen, damit die gute Stimmung nächstes Mal erhalten bleibt? So gehen wir auch vor, wenn der Hund gestresst ist beim Training. Wir brechen ab, analysieren und versuchen die Störquelle zu beseitigen. Und ganz wichtig: So wie man den Hund nicht bestrafen sollte, wenn er gestresst reagiert, so sollten wir auch uns selbst nicht dafür fertig machen, wenn uns mal die Nerven durchgegenagen sind. Abhaken und nächstes mal besser machen!!!!
  • Hunde-Training = Menschen-Training! Die Arbeit mit meinen Hunden ist für mich eine wunderbare Möglichkeit, meine eigene Persönlichkeit mit allen Stärken und auch Schwächen zu entdecken, zu verändern und weiterzuentwickeln. Man kann den Fellnasen nichts vormachen, sie spüren genau, wie wir gerade drauf sind! Und gerne legen sie liebevoll ihre Pfoten auf unsere wunden Punkte, damit wir wissen, wo wir unsere "Baustellen" haben. Die reinste Therapie, leider werden die Kosten nicht von den Krankenkassen übernommen.... Und ganz klar: Jeder hat den Hund oder die Hunde, die er gerade braucht, um weiter zu kommen!!!!
  • Die vielgerühmte "Lerntheorie" ist toll! Und es ist gut, dass sie in aller Munde ist, denn dadurch wurden einige unschöne alte Zöpfe in der Hundeerziehung größtenteils gekappt.... ABER: Es ist eine Theorie!!!!!! Und wie der Volksmund sagt: "Alle Theorie ist grau!" Meine Hunde und ich sind aber bunt, und deshalb bezweifle ich, dass die Lerntheorie auf uns (oder irgendein anderes Team) zu 100 %  passt. Ich habe drei völlig unterschiedliche Hunde, beim Training muss ich mich jeweils darauf einstellen, mit wem ich gerade arbeite. Wie könnte da eine Theorie alleine passend sein? Dennoch: eine gut Richtschnur ist es auf jeden Fall!
  • Ein bisschen Planung darf sein! Aber nicht mehr als nötig! Ich plane, an welchem Trick, an welcher Fuß-Position, an welcher DogDance-Kombination oder was auch immer ich jeweils mit dem einzelnen Hund arbeiten möchte. Ich lege mir die benötigten Requisiten, Trainingshilfen, ausreichend Leckerlies und was ich sonst noch benötigen könnte bereit, um nicht während des Trainings weglaufen und irgendwas suchen zu müssen. Damit reduziere ich nämlich schonmal meine eigenen Stressfaktoren erheblich! Während des Trainings hält dann aber wieder das Chaos Einzug, denn ich trainiere ohne Uhr, wild durcheinander und wenn der Hund gerade etwas tolles anbietet, wird das genutzt, auch wenn es mit dem geplanten Trick nichts zu tun hat.
  • Wer? Wann? Wie lange? Ich habe drei Hunde, aber es gibt keine feste Reihenfolge, wer wann dran ist. Ich trainiere zu den verschiedensten Tageszeiten, das hängt von meinem Dienstplan, sonstigen Terminen, dem Wetter und nicht zuletzt auch von meiner Lust und Laune ab. Da ich ohne Uhr trainiere, ist auch nicht jeder Hund gleich lange dran. Ich entscheide nach Bauchgefühl, wann es für jeden gerade genug ist. Oder ich höre eben auf, wenn ich merke, dass meine Konzentration nachlässt. 
  • Bauchgefühl vor Verstand! Der Verstand ist praktisch, man kann ihn für die Trainings-Planung und das Führen des Terminkalenders benutzen. Auch beim Ausdenken und Merken der vielen Signalworte ist er echt klasse.  Aber sonst sollte man sich im Hundetraining viel mehr auf die Intuition und das Bauchgefühl verlassen. Ganz einfach: Wenn es Spaß macht, wenn es sich gut anfühlt, dann ist es auch gut. Wenn es sich "doof" oder "komisch" anfühlt und mich irgendwie nervt, dann ist es nicht gut. Da kann der Verstand noch so sehr lamentieren: "So ist es richtig, so ist es falsch! Lerntheorie bla, bla, bla..." 
  • Immer offen bleiben für Neues! Ich hole mir gerne Ideen, Tipps und Anregungen von vielen Stellen. Wenn mir jemand einen Rat gibt und mir helfen möchte, nehme ich das erstmal dankbar an. Ich höre zu, denke darüber nach, probiere es aus. Und dann entscheide ich, ob es für meine Hunde und mich passt. Und ja: es kommt vor, dass ein wirklich guter Rat erstmal verworfen wird, weil ich noch nicht "reif dafür" bin. Aber wie gesagt: man entwickelt sich ja weiter.....
  • ICH REDE MIT MEINEN HUNDEN! Ja, auch beim Training. Ich rede viel und fast durchgehend. Und nach Meinung aller Trainer, mit denen ich bisher zu tun hatte, rede ich eindeutig ZU VIEL beim Training..... ;-) Aber es wird weniger..... Vor allem, wenn ich alleine trainiere und gut drauf bin, vergehen manchmal Minuten, ohne dass ich mehr sage als das jeweilige Signalwort und ein wenig Lob. Fühle ich mich beobachtet (da reicht schon die Video-Kamera!!!), rede ich noch immer wie ein Wasserfall. Ist mir bewusst und ich arbeite daran. Würde ich aber nun versuchen, mir selbst das Reden zu verbieten, (weil mein Verstand das so ganz im Einklang mit der Lerntheorie für "richtiger" hielte), wäre ich insgesamt völlig verkrampft, gehemmt, nicht mehr ich selbst und damit nicht mehr authentisch. Folge wäre bei mir Gereiztheit, bei den Hunden Unsicherheit und der Spaß würde definitiv auf der Strecke bleiben. Vom Erfolg ganz zu schweigen......
  • Nicht alles zu ernst nehmen! Einfach mal rumblödeln und Spaß haben mit dem Hund, dabei entstehen oft tolle Ideen für Tricks oder für die nächste DogDance-Choreo. Und auch beim Training gilt: herzhaft lachen macht locker und befreit, danach klappt alles gleich viel besser! Ich lasse mich gerne von meinen Hunden zum Lachen bringen, da bleibt die Konsequenz schonmal auf der Strecke. Klar gehört ein Hund nicht auf den Esstisch, aber erstmal muss ich trotzdem drüber lachen....
  • Immer authentisch sein! Wenn ich gereizt bin, bin ich gereizt. Anderen Menschen kann ich dann vielleicht trotzdem noch vorspielen, dass ich super.gut drauf bin. Aber nicht meinen Hunden!!!! Klar finden die es nicht toll, wenn ich gereizt bin und sie anpflaume. Aber ich glaube, noch schlimmer finden sie es, wenn ich so tue, als ob alles gut ist, aber innerlich fast überkoche vor Wut. Die ahnen nämlich, dass es dann irgendwann zur Explosion kommt..... Also: Bei mieser Stimmung Training abbrechen (oder eben garnicht erst anfangen), Störquellen analysieren und beseitigen, aber nicht versuchen, die Hunde anzulügen!!!
  • Viele Variationen trainieren und früh damit anfangen! Sobald der Hund ansatzweise verstanden hat, was ich möchte, verändere ich einen oder mehrere Parameter: Ort, Requisite, Ablenkung. Aber ganz wichtig: Das muss man dem Hund ein wenig anpassen. Bei Ballou kann ich einen Trick in jeder Einheit woanders und mit einem anderen Gegenstand trainieren. Kein Problem und ich bin sogar überzeugt, dass er deshalb so ein Meister im Generalisieren ist! Für Edgar sind etwas weniger Variationen besser, also länger beim Bekannten bleiben. Liegt evtl. aber daran, dass er noch so jung ist, ich arbeite daran! Bei Kira muss ich deutlich vorsichtiger sein mit jeglichen Variationen, wobei sie da zunehmend toleranter wird! Hat ja aber auch erst mit sechs Jahren angefangen zu arbeiten....
  • Ich verwende das Signalwort von Anfang an! Empfohlen wird allgemein, es erst einzuführen, wenn der Trick beherrscht wird. Steht so in der Lerntheorie, es mag auch logische Argumente dafür geben, aber das ist eines der Dinge, die sich für mich "doof" anfühlen. Deshalb verwende ich es von der ersten Trainingseinheit an. So wissen der Hund und ich, woran wir gerade arbeiten ;-)
  • Fehler machen ist ok! Ich darf Fehler machen, meine Hunde auch. Ich habe nicht das Gefühl, dass sie "zusammenbrechen", weil sie einen Fehler gemacht haben.  Natürlich macht lernen mehr Spaß und geht schneller, wenn alles toll klappt. Aber so ist das Leben halt nicht.....
  • Bedingungslose Liebe! Meine Hunde sind wunderbar, so wie sie sind und genau so liebe ich sie. Nur manchmal nervt das eine oder andere Verhalten. Dann wird daran so positiv wie möglich gearbeitet (siehe oben...). Die Persönlichkeit wird niemals in Frage gestellt und auch die Liebe wird deshalb nicht weniger! Diese Grundhaltung hat sich schon bei meinen Kindern bewährt und sie fühlt sich auch für die Hunde wunderbar an. Übrigens: Hunde sind Meister in "Bedungungsloser Liebe", man kann von ihnen in dieser Hinsicht viel lernen!!!!

Diese Liste wird sich sicher öfter mal ändern..... Chaos eben.... ;-)

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Kommentare: 1
  • #1

    Carmen (Mittwoch, 16 Juli 2014 19:23)

    Sehr ehrliche Beschreibung deines Trainings. Ich würde manches anders machen aber mir gefällt, wie du dich nicht verbiegst sondern dein Training auf die Charaktere deiner hunde ubd vor allem auf dich ausrichtest. Authentisch sein, Freude am Lernen gaben und vor allem sich selbst nicht zuuu ernst nehmen. Dss find ich toll bei dir.